DLF, Detjen, Stephan | 26. Februar 2025, 05:39 Uhr
Friedrich Merz ist noch nicht zum Kanzler gewählt, hat sich aber schon auf schwieriges außenpolitisches Terrain gewagt.
Er soll Benjamin Netanyahu zu einem Besuch nach Berlin eingeladen haben.
Und das, obwohl der internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef erlassen hat, wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen.
Stefan Detjen hat die ganze Geschichte.
Noch in der Wahlnacht am Sonntag bekam Friedrich Merz einen Anruf von Benjamin Netanyahu.
Der israelische Ministerpräsident hatte sich beeilt, einer der ersten Gratulanten zu sein.
Am nächsten Morgen ließ Netanyahu verbreiten, der künftige Bundeskanzler habe ihn nach Deutschland eingeladen.
Und zwar in offener Missachtung eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, der dem israelischen Regierungschef und seinem ehemaligen Verteidigungsminister Galant schwere Kriegsverbrechen vorwirft.
Merz schilderte die Passage des Telefonats am Montag so.
Für den Fall, dass er einen Deutschlandbesuch plant, habe ich ihm auch zugesagt, dass wir Mittel und Wege finden werden, dass er Deutschland besuchen kann und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist.
Bereits im Januar hatte Merz nach einer außenpolitischen Grundsatzrede erklärt, er habe sich zu dem Thema beraten lassen.
Der überwiegende Teil der Experten sei der Auffassung, der Strafgerichtshof habe eine völkerrechtlich formal zutreffende Entscheidung getroffen.
Merz aber fügte hinzu:
„Ich werde alles tun, um eine entsprechende Vollstreckung dieses Spruchs des Internationalen Strafgerichtshofs abzuwenden. Ich werde das jedenfalls so nicht akzeptieren.“
Völkerrechtler sprechen nach den Merz-Äußerungen von einem Rechtsbruch mit Ansage.
Schon die Ankündigung von Merz sendet ein völkerrechtspolitisch fatales Signal, sagt Florian Jessberger, Professor für internationales Strafrecht an der Berliner Humboldt-Universität.
Als Unterzeichner des römischen Statuts über den Internationalen Strafgerichtshof sei Deutschland verpflichtet, dessen Haftbefehle zu vollstrecken. Würde Netanjahu auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg landen, müsste die Bundespolizei den Premier festnehmen und die zuständige Generalstaatsanwaltschaft am brandenburgischen Oberlandesgericht ein Überstellungsverfahren einleiten. Das deutsche Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof lasse der Bundesregierung keinen Spielraum, das zu unterbinden, sagt Jessberger.
Wenn selbst Staaten wie Deutschland die Anordnungen und Entscheidungen des Gerichtshofs nur dann befolgen, wenn es ihnen in den politischen Kram passt, dann bliebe von der Idee dieses Völkerstrafrechts wenig übrig.
Unterdessen gerät das Völkerrecht in diesen Tagen auch auf internationaler Ebene unter verstärkten Druck. Der Weltsicherheitsrat hatte am Dienstag auf Antrag der USA eine russlandfreundliche Resolution zum Krieg in der Ukraine verabschiedet. Zuvor hatte die UN-Generalversammlung den russischen Angriffskrieg noch mit großer Mehrheit als völkerrechtswidrig verurteilt. Die wenigen Gegenstimmen kamen unter anderem von Russland, Belarus, Nordkorea, den USA und Israel.
(Quelle: DLF, Detjen, Stephan | 26. Februar 2025, 05:39 Uhr)